Während des Round-Table-Gesprächs mit den Künstlerinnen Cornelia Herfurtner und Olia Sosnovskaya sowie den Kurator*innen Joanna Warsza und Aleksei Borisionok wird der Frage nachgegangen, wie wir mittels ungewöhnlicher künstlerischer Methoden, queerer Geografien und instabiler Bezugspunkte zusammenkommen können, um trotz aller Unterschiede im Gespräch zu bleiben.
Joanna Warszas jüngstes Projekt „Radical Playgrounds: From Competition to Collaboration“ im Martin-Gropius-Bau in Berlin nutzt das Spiel als Methode, um sich vom eigenen Ego und den eigenen Ressentiments zu lösen und Wege zu finden, wieder zusammenzukommen. Cornelia Herfurtner untersucht, basierend auf ihren eigenen Erfahrungen mit Demonstrationen und öffentlichen Versammlungen, wie Alltagsgegenstände, die unter Umständen der gegenseitigen Fürsorge dienen, rechtlich als Waffen definiert werden können in Deutschland. Des Weiteren fragt sie nach den Strategien, die in sozialen Bewegungen engagierte Menschen entwickeln, um sich zu schützen. Olia Sosnovskaya wird ihre künstlerische Forschung zu Protestchoreografien während des Aufstands in Belarus 2020 vorstellen und ausloten, was Protest feministisch macht. Aleksei Borisionok hingegen wird auf die Methodik des „grafting“ (Veredelung) als kuratorische Praxis eingehen, die er als Ko-Kurator der Biennale Matter of Art in Prag gemeinsam mit Katalin Erdődi umgesetzt hat.
Das Gespräch ist Teil des zweimonatigen Residenzprojekts Geographies of Collectivity. Artistic Infrastructures in Times of Crisis: Berlin-Vienna-Graz-Minsk-Kharkiv-Pristina, das eine Plattform bietet für den Austausch zwischen Kunstkollektiven und Akteur*innen, die im postsozialistischen und/oder queer-feministischen Rahmen arbeiten.
Aleksei Borisionok ist ein Kurator, Autor und Organisator, der derzeit in Wien lebt und arbeitet. Er ist Mitglied des künstlerisch-wissenschaftlichen Problem Collective und der Arbeitsgruppe Work Hard! Play Hard! Arbeitsgruppe. Er schreibt über Kunst und Politik u.a. für verschiedene Magazine, Kataloge und Online-Plattformen wie e-flux Journal, L’Internationale Online, Partisan, Springerin und Paletten. Zusammen mit Katalin Erdödi ist er Ko-Kurator der Matter of Art Biennale 2024 in Prag. Zudem ist er Stipendiat am Vera List Center in New York (2022-2024).
Cornelia Herfurtner ist Bildende Künstlerin und lebt in Berlin.
Von 2020 bis 2024 arbeitete sie am Themenkomplex der „passiven Bewaffnung“. Bei diesem handelt es sich um eine in der BRD gültige rechtliche Konstruktion, die es erlaubt das Tragen oder Mitführen von Alltags- und Schutzgegenständen auf Demonstrationen zu kriminalisieren. Ausstellungen u.a. „Formen des Ungehorsams“ (Kunstpavillon, Innsbruck, 2024), „Aus der Krankheit eine Waffe machen“ (Kunstraum Kreuzberg / Bethanien, Berlin, 2024) und „Für Alle“ (Bundeskunsthalle, Bonn, 2024).
Die Künstlerin ist politisch organisiert im Bündnis Rheinmetall Entwaffnen, das sich für den Stopp von Rüstungsproduktion und -export aus der BRD einsetzt.
Zofia nierodzińska, PhD: Kuratorin, bildende Künstlerin, Dozentin; stellvertretende Direktorin der Städtischen Galerie Arsenal in Poznań von 2017-22. Sie erforscht Kunst der postsozialistischen Länder, mit besonderem Schwerpunkt auf Migration. Zofia nierodzińska studierte an der Universität der Künste in Poznan (PhD) und an der Universität der Künste in Berlin (MA). Sie ist Mitherausgeberin der Plattform für Kunst und Aktivismus RTV Magazine. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Olia Sosnovskaya ist Künstlerin, Autorin und Kulturmanagerin (geboren 1988 in Minsk) und lebt in Wien (Österreich). Ihre künstlerische und forschende Praxis verbindet Performance, textbasierte und visuelle Kunst und befasst sich mit Formen der politischen Organisation, Protestchoreografien, Bewegungspartituren und Überschneidungen von Feierkulturen und dem Politischen im postsozialistischen Kontext und darüber hinaus. Sie ist Mitglied von Work Hard! Play Hard!, einer selbstorganisierten Plattform und Arbeitsgruppe, die Arbeit und Freizeit miteinander verbindet, sowie dem künstlerisch-wissenschaftlichen Problem Collective, das sich mit Streiks, Archiven, Lesepraktiken und Methoden zur Auseinandersetzung mit marginalisierten Geschichten und sozialen Kämpfen beschäftigt. Derzeit ist die Phd-in-Practice-Kandidatin an der Akademie der bildenden Künste Wien.