annette hollywood: BIGASSO BABY

annette hollywood

Ausstellung

annette hollywood, 2014

Ausstellung

31.05. – 25.07.2014 //
Mi.-Sa. 16:00-19:00

Eröffnung

30.05.2014 // 19:00

Artist Talk

28.06.2014 // 17:00
annette hollywood im Gespräch mit Michaela Wünsch (Kulturwissenschaftlerin)

Bilder

Bilder Eröffnung und Ausstellung
© alpha nova & galerie futura

Presse

Video – Installation – Skulptur – Text

Die neueste Arbeit der Berliner Künstlerin annette hollywood ist eine offensive Antwort auf das Musikvideo Picasso Baby: A Performance Art Film des kommerziell erfolgreichen Rappers Jay-Z. Im Zentrum steht der „Answer Song“ Bigasso Baby, mit dem hollywood Jay-Zs Rap Picasso Baby im Battle-Stil angreift und direkt auf die von ihm heraufbeschworenen Ikonen von Reichtum und seine Vorstellung von Kunst als Statussymbol und Ware reagiert. annette hollywood antwortet ebenfalls mit einem Musikvideo, in dem sie sich, in eigener Hip Hop-Manier mit entsprechenden Symboliken, dem Kunstraum und Studio den Rücken zukehrend, in den Berliner Stadtraum begibt. Für das Video performt hollywood den Rap an Orten, an denen Kunst als Street Art oder anderen nicht-kommerziellen Präsentationen eine gegensätzliche Bedeutung gewinnt und zum ideellen Freiraum für Experiment und kritische Reflexion wird. In ihrem „Answer Song“ verhandelt hollywood das Spannungsfeld von Kunst zwischen Kommerzialisierung und Idealismus, inhaltsleerer Inszenierung und kritischer Intervention, Insignie von Reichtum und der realen Prekarität vieler Kunstschaffender, die häufig in Selbstausbeutung mündet, sowie als Feld ungleicher Zugangsbedingungen und von Ausschlüssen.

Das Video ist zentraler Bestandteil einer speziell für die galerie futura entwickelten Rauminstallation, die sich als eine Persiflage auf das White-Cube-Event in der PACE Gallery in New York versteht, mit dem sich Jay-Z im letzten Jahr in die marktorientierte Kunstszene einzuschreiben suchte. Jay-Z reagierte mit seiner Videoinszenierung auf die Performance The Artists Is Present von Marina Abramović im MoMA und kann als Hommage an Abramovićs Arbeit gelesen werden. hollywoods ironisches Aufgreifen der Insignien einer White-Cube-Kultur brechen mit eben dieser. Indem sie die einzelnen Details – etwa eine hochprofessionell produziertes Ausstellungsdisplay, ein überdimensioniertes Banner, Fotos mit Statussymbolen wie einer Luxuslimousine – aufgreift und re-interpretiert, macht sie den Ausstellungsbetrieb als Inszenierungsform sichtbar. Die Re-Interpretation dieser Elemente findet jedoch in kontrastierender DIY-Manier statt. Diese spiegelt zum einen die prekären Produktionsbedingungen wider, mit denen sich die Künstlerin immer wieder konfrontiert sieht und mit denen sie sich stets aufs Neue künstlerisch und selbstbewusst auseinandersetzen muss. Zum anderen können sich hier aber auch andere Handlungsspielräume öffnen, die eine marktorientierte Instrumentalisierung und Kommerzialisierung gezielt unterlaufen. Zugleich wird damit eine Haltung deutlich: gegen eine inhaltsleere, konsumzentrierte Ästhetik und Inszenierung und für eine kreative, reflektiert-engagierte Kunstproduktion, die trotz widriger Umstände einen Weg findet, sich mitzuteilen.

Ein weiteres Element der Inszenierung, ist ein goldener, sich über zwei Finger erstreckender Ring mit dem Schriftzug „Bigasso“, den hollywood auch in ihrem Video zentral in Szene setzt. Der Ring ist Teil von hollywoods Serie Artist Name Rings (work in progress). Er ist in Anlehnung an den bereits 2007 angefertigten Ring Pablo Bigasso entstanden und findet in der aktuellen Auseinandersetzung eine zugespitzte Neuverwertung.

In einer detektivisch anmutenden Rechercheecke als ein weiterer Teil der Rauminstallation werden Kontexte der Entstehung und Rezeption von Jay-Zs Performance Art Film untersucht und dessen Zusammenhänge aufgezeigt. Dabei werden auch die Schieflagen von Verwertung und Nutznießen markiert, wenn z. B. offengelegt wird, dass Jay-Z für seine Produktion frei aus dem Internet verfügbare „commons“ kommerziell verwendet.

Wie bereits in früheren Arbeiten der Künstlerin, die sich in spielerischer Weise Methoden des Hip Hop und der Popkultur zu eigen macht, werden in BIGASSO BABY unhinterfragte sexistische Aussagen gedisst und mit der Forderung nach einer feministischeren Haltung konfrontiert. Zudem stehen erneut die Mechanismen des Kunstsystems, insbesondere das Zelebrieren der Kunstwelt als Starsystem und Lifestyle-Choice sowie ein marktzentriertes Verständnis von Kunst, im Fokus von hollywoods kritischer Hinterfragung. Ihre explizite Forderung lautet: faire, ausbeutungsfreie Bezahlung aller Kulturschaffenden, statt einer absurd anmutenden Überbezahlung weniger Akteur_innen gegenüber einer (selbst-)ausbeuterischen Unter- bis Nichtbezahlung der Mehrzahl. Damit wird der Kunstkontext auch als Synonym einer fortschreitend neoliberal gestalteten Arbeitswelt lesbar.

www.annettehollywood.com

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