Mara Loytved-Hardegg: Geschichtete Orte

Mara Loytved-Hardegg

Ausstellung

Mara Loytved-Hardegg, Grabstein des deutschen Traums 1, 120 x 100cm, Acryl auf Leinwand, 2014

Ausstellung

24.11.-13.1.2018 //
Mi-Sa // 15:00-18:00

Eröffnung

Einführung: Dieter Hoffmann-Axthelm
Buchvorstellung: 50 Jahre Malerei. Mara Loytved-Hardegg. 1965-2015 mit Ulrike Damm (Verlegerin)
23.11.2017 // 19:00

Artist Talk

13.1.2018 // 16:00
Mara Loytved-Hardegg und Ulrike Damm

Bilder

Bilder Eröffnung
Bilder Ausstellung
© alpha nova & galerie futura

 

Malerei – Fotografie – Video

In ihrer Einzelausstellung Geschichtete Orte verwebt die Künstlerin Mara Loytved-Hardegg deutsche und europäische Geschichte mit biografischen Eckpunkten sowie kollektives Wissen und Einschreibungen mit persönlichen Erfahrungen. In dieser Weise stellt sie die dynamischen, wechselseitigen Bezüge zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem her, die auch auf mögliche zukünftige Szenarien verweisen. In der gleichnamigen Werkreihe Geschichtete Orte mit Malerei, Fotografie und Video re-kontextualisiert die Künstlerin Bauten, Landschaften und Ereignisse. In ihren Malereien sowie fotografischen Arbeiten zeigen sich mal eindeutige, mal fast unsichtbare Spuren und Überlagerungen von Geschichte(n), Schicksalen und Objekten, die von verschiedenen Zeitlichkeiten zeugen.

Oft sind es Szenarien der Bedrohung, die sie entwirft – wie in ihrer Serie mit Bunkerbildern, die sie mit „Grabstein des deutschen Traums“ sowie mit „Denkmäler der Gefahr“ (in Anlehnung an Paul Virilio und sein Werk „Bunkerarchäologie“ (1975)) betitelt. Hat Virilios Bunkertypologisierung den auch ästhetischen Blick einer ganzen Generation auf die Schutzräume des Kriegsschrecken angeregt, begeht Mara Loytved-Hardegg den malerischen Weg der Vermenschlichung. Die Serie basiert, wie auch ihr Werk „Kriegslandschaft“ auf alten s/w-Fotos, die sie im Nachlass ihres Vaters fand und als Vorlage für ihre Gemälde nutzt. Hier verbindet sich Familiengeschichte unmittelbar mit deutscher NS-Vergangenheit, setzt sich die Tochter mit der Vätergeneration, der Generation der Täter*innen auseinander: Die (persönlichen) Beziehungen sind komplex, ambivalent und alles andere als schwarz-weiß, genauso wie die baulichen Überreste aus dieser Zeit. Mit Gemälden von Orten und Bauten ruft sie somit in Erinnerung, dass Wissen über diese Kriegsschauplätze ebendiese Orte zu dem macht was sie sind. Die Vielschichtigkeit und Ambivalenzen zeigen sich in den Werken, ihren Farbigkeiten, Abstraktionen, Auflösungen und Überlagerungen. Somit wird der Titel der Ausstellung, durch seinen Verweis auf geschichtliche Prozesse, die sich in- und übereinanderlagern, programmatisch für die Malerei der Künstlerin selbst: Schichten sind es, die ihre Bilder flächig konstruieren, Oberflächen, die, ob ihrer dominierenden, reduzierten Grauwerte eine multitonale Farbigkeit hervorbringen die, sich aufeinander beziehend, verdecken und freilegen. Die Malerei von Mara Loytved-Hardegg löst auf und präzisiert zugleich. Oftmals ist somit das Darunterliegende das, was hervortritt. Die überdeckten Stellen dienen dazu, fast paradoxal, Aufmerksamkeit auf das Verschüttete zu lenken. Die Betroffenheit ist präsent in all ihren Arbeiten, denn die Unendlichkeit der gemalten Flächen verwehrt sich einem abschließenden Punkt oder einer präzisen Rahmung, sie lässt das darüberhinaus nicht Fassbare zu, um es überhaupt zu ermöglichen.

In zwei Videoarbeiten konfrontiert die Künstlerin die Vater-Tochter-Beziehung auf direkte Weise, indem sie die Geschichte des Vaters und seine Teilnahme am Zweiten Weltkrieg als deutschem Offizier und Aufklärungsflieger erzählt und sich ihm in einer konfrontativen Ansprache in Sturmmaske gegenüberstellt.

Die Reihe Geschichtete Orte verweist darauf, dass Geschichte nie abgeschlossen ist, sondern eng mit der Gegenwart verschränkt ist, sie rahmt und bestimmt, sie immer wieder neu herausfordert. Loytved-Hardegg greift in ihren Arbeiten auch jüngere und jüngste Geschichte und ihre Implikationen auf, die ein zutiefst subjektives Gefühl der Gefahr, der sich fortsetzenden Gewalt und Verletzbarkeit hervorrufen und sichtbar machen: Die Bedrohung ist allgegenwärtig – ob in der Bodeninstallation mit Fotos von Spuren der Berliner Mauer, den Fotos vom Tatort einem der NSU-Morde, dem Triptychon „Stechlinsee mit AKW Rheinsberg stillgelegt“ oder dem Bild des Mittelmeers, das für so viele Geflüchtete in der Hoffnung auf ein besseres Leben zum Grab geworden ist.
Im Triptychon Stechlinsee verflechten sich in seiner Farbgebung und Hängung Stimmungen zwischen Abendhimmel und atomarer Bedrohung. Bei der immer wieder auftauchenden Verarbeitung der Vater-Tochter-Beziehung kann diese atmosphärische Komposition auch sinnbildlich besprochen werden, wie wenn der malerische Akt der Sichtbarmachung das Grausame mit dem Vertrauten eng verwebt. Zwischen Angriff und Verteidigung liegt auch die biographische Auseinandersetzung mit einer Kriegsmaschinerie, die im Nahbereich der Familie einwirkt. Die Malerei kann dem etwas entgegensetzen: An Geschichte erinnern und perspektivieren, die Zeitlichkeit enträumlichen und mit einem eigenen Zeichensystem belegen.

Loytved-Hardegg schreibt, dass diese Bilder „in unseren Augen erst `schuldig` werden, wenn wir sie mit unserem Wissen über Geschichte bzw. über das, was dort geschehen sein könnte, ansehen.“ Gleichzeitig zeugen einige von ihnen aber auch von Hoffnung und machen Platz für andere Imaginationen, wenn die gezeigten Mauerreste von Kirschblütenblättern bedeckt sind oder sich in den Bunkern auch das Geheimnisvolle entdecken lässt – hervorgerufen durch „Natur, Licht, Atmosphäre, die an der Härte des Betons, am bedrohlichen Inneren, fressen.“ (Hoffmann-Axthelm)

www.mara-lh-art.de

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