The Body of Trauma

Nathalie Anguezomo Mba Bikoro, Sanija Kulenovic, Adi Liraz, Moran Sanderovich, Armeghan Taheri, Nine Yamamoto-Masson

Performance, Präsentation

Performance, Plantation Memories, Nathalie Anguezomo Mba Bikoro, 2016, Foto: Katharina Koch

Präsentationen

 

30.1.2016 // 18:00
Screenings, Performances, Artist Talk mit Nathalie Anguezomo Mba Bikoro, Sanija Kulenovic, Adi Liraz, Moran Sanderovich, Armeghan Taheri, Nine Yamamoto-Masson

Bilder

Bilder Präsentationen

 

Fotos: alpha nova & galerie futura

Screenings, Performances, Artist Talk

Kuratiert von Adi Liraz

Inextinguishable Fires
Screeing und Lecture Performance von Nine Yamamoto-Masson

Inextinguishable Fires (die unlöschbaren Feuer) verweist auf das ethisch-forensische Dilemma des dokumentarischen Bildes und der wissenschaftlichen Messmethode eines Verbrechens, dessen Hauptmerkmal die Auslöschung der Opfer, der Stimmen und der Spuren ist. Durch Bild, Text, Stimme – und die Spannung von Blindstellen zwischen diesen – diskutiert dieses Werk die Erkenntnistheorie des abwesenden Bildes in der Erinnerungsarbeit und die grenzübergreifende und intergenerationelle Solidarität mit den „Trostfrauen“, die als Mädchen und Frauen aus den Kolonien durch das japanische Militär im Zweiten Weltkrieg in die sexuelle Sklaverei gezwungen wurden. Gegen den Revisionismus und für die Interessenvertretung sowie rechtliche Verfolgung im Dienst der Gerechtigkeitsausübung sind die Erzählung dieser Traumata und Zeugnisse davon notwendig, werden jedoch durch die latente Gewalt in den Bildern und ihre Mitschuld an dem Verbrechen kompliziert: in der Aufzeichnung, der Verbreitung und der Interpellation von Zuschauer*innen.

Plantation Memories
Performnace von Nathalie Mba Bikoro

Die Performance ist eine visuelle Erzählung, die die Geschichte der deutschen Kolonialzeit von 1889-1945 und ihre Auswirkungen auf die gegenwärtige Erinnerung erkundet. Die Künstlerin untersucht ihre eigene Vita, als Nachfahrin afrikanischer Kriegsgefangener in deutschen Lagern des Ersten Weltkrieges, indem sie die Erfahrung ihres Urgroßvaters im Arbeitslager in Nord Gabun einbringt. Die Erzählung untersucht die Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit der afro-deutschen Frauen und der Frauen der afrikanischen Diaspora während der zwei Weltkriege und die Rolle dieser Frauen als Gründerinnen der Menschenrechtsbewegungen. Die Gebete, Gesänge und Erzählungen der in deutschen Koloniallagern gefangenen Söhne, Ehemänner und Väter bilden ein Klangarchiv der Erinnerungen, das diese Unsichtbarkeit transformiert, um die Emanzipation und das Sprechen von der Anwesenheit der Frauen zu einer Form des Widerstandes zu erklären. Die Arbeit bezeugt den unsichtbaren Krieg der deutschen, französischen und britischen Kolonien in der Erfahrung der afrikanischen Diaspora und stellt die Ankunft im postkolonialen Diskurs in Frage.

ExDress: The Body of Trauma
Performance Sanija Kulenovic und Adi Liraz

ExDress ist eine Reihe von interaktiven Performances und öffentlichen Interventionen. Die Künstlerinnen, Sanija Kulenovic und Adi Liraz, gedenken ihrer persönlichen und kollektiven Erinnerungen und ihres muslimischen und jüdischen Erbes, indem sie sich durch zwei Kleider miteinander verbinden, die sich verändern, auflösen und (wieder) zusammenfügen im Verlauf der Performance. In „Der Körper des Traumas“ beziehen die Künstlerinnen sich auf die Geschichten der Frauen in Bosnien-Herzegowina, Ruanda, der Demokratischen Republik Kongo und anderswo, die gezwungen wurden Kinder aus Vergewaltigungsschwangerschaften zu gebären und sexuelle Gewalt erlebt haben, als Kriegsstrategie, die genutzt wurde um Frauen zu erniedrigen und zu dominieren und um in ihren Gemeinschaften und ethnischen Gruppen Angst zu schüren.

Artist Talk:  Sanija Kulenovic, Moran Sanderovich, Adi Liraz, moderiert von Armeghan Taheri

Sexuelle Gewalt in Kriegszeiten führt zu einer lang anhaltenden Traumatisierung und Leid. Angewendet nicht nur um Körperverletzungen zuzuführen, sondern auch um Frauen und Mädchen und ihre Familien und ihre Gemeinden zu entsetzen und zu demütigen, umfassen die Folgen sexueller Gewalt eine Masse von physischen und psychischen Traumatisierungen – viele davon bestehen Jahrzehnte und haben oft generationsübergreifende Auswirkungen. Als solches ist sexuelle Gewalt in Kriegszeiten keine vorübergehende Abweichung oder ein einmaliger Angriff auf ein Individuum, sondern eine breite und systematische Taktik, die gegen eine große Zahl von Frauen mobilisiert und verwendet wird, um gesamte Bevölkerungsgruppen zu unterwerfen. Zudem sind die Schemata sexueller Gewalt nicht nur ein Instrument, um einer Gemeinschaft zu schaden, sondern ein Verbrechen gegen Frauen als solche. Viele Geschichten und Stimmen der Opfer sexueller Gewalt wurden nie Teil unseres kollektiven Gedächtnisses, wurden nie Teil einer breiteren Öffentlichkeit, fanden nie Eingang in unsere kulturellen Narrative und sind deshalb nie als Teil unseres öffentlichen Bewusstseins sichtbar geworden. In diesem Sinne erzählen die Künstlerinnen in der Ausstellung „Wunderland“ und der Veranstaltung „Der Körper des Traumas“ die Geschichten der Frauen, die sexuelle Gewalt und sexuelle

Traumata während des Krieges erlebt haben. Weiblichkeit, Mutterschaft und Handwerk sind die Instrumente und Motive durch die die Künstlerinnen in der Abschlussveranstaltung, die ein Screening, einen Vortrag und Performances beinhaltet, den nicht zugelassenen Überlieferungen traumatischer Erlebnisse von Frauen in Kriegen eine Stimme verleihen. Dazu gehören die Erfahrungen der japanischen und koreanischen Frauen und Mädchen, die von der kaiserlichen japanischen Armee in die sexuelle Sklaverei und in die Rolle der sexuellen Wehrpflichtigen im Zweiten Weltkrieg als „Trostfrauen“ gezwungen wurden, die Erinnerung an den Missbrauch von afro-deutschen und Frauen der afrikanischen Diaspora während der zwei Weltkriege, die Geschichte bosnischer Frauen, die systematische Massenvergewaltigungen und erzwungene Schwangerschaften als Teil des serbischen Völkermordes und der Politik der „ethnischen Säuberung“ während des Krieges im ehemaligen Jugoslawien erlitten haben, die Schicksale jüdischer Frauen, die vergewaltigt und missbraucht wurden in den besetzten Dörfern und Städten im Zweiten Weltkrieg. Den Werken Moran Sanderovichs gesellen sich an diesem Abend Arbeiten der Künstlerinnen Nathalie Mba Bikoro, Adi Liraz und Nine Yamamoto-Masson, sowie der Vortrag „Verantwortungsvolle Vergangenheitspolitik als unabdingbare Voraussetzung zur Traumabewältigung“ von Sanija Kulenovic. Durch verschiedene Arten des Geschichtenerzählens setzen sich die Teilnehmerinnen kritisch mit vielfältigen Themen auseinander: mit dem Körper der Frau, als dem Schlachtfeld kollektiver Bestrafung, mit der Komplexität der binären Identität der Täter vs Opfer, mit der Bedeutung der gesellschaftlichen Frauenrolle als Gebärerin im Umgang mit sexueller Gewalt und dem Trauma, sowie mit der kulturellen Amnesie, die zur Auslöschung der Opfer und ihrer Stimmen führt. (Armeghan Taheri mit Adi Liraz, November 2015)

Event auf facebook

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Ausstellung Wounderland von Moran Sanderovich statt.

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