Widersprüchliche Räume – Wohnung und Haushalt überdenken: Eine Aktualisierung
Vorträge „Reproduktionsort und Ware: Die Wohnung als Kristallisationspunkt gesellschaftlicher Widersprüche“ von Eva Kuschinski und „Grundrisse der Reproduktion. Die Haushaltsfrage“ von Elke Krasny (PhD) mit anschließendem Gespräch.
Die Wohnung wie wir sie heute kennen, ist ein Ort, an dem gesellschaftliche Widersprüche sichtbar werden und sich auch räumlich manifestieren. Sie hat sich (idealtypisch) als der Ort herausgebildet, an dem Menschen sich erholen, zurückziehen, Hausarbeit machen, geschützt sind, essen, schlafen, ihren Alltag verbringen. Zugleich ist sie aber als Ware in Kapitalkreisläufe eingebunden. Im Vortrag geht es darum, aus feministisch-materialistischer Perspektive die Einbettung der Wohnung in diese widersprüchlichen gesellschaftlichen Verhältnisse zu diskutieren und so auch aktuelle politische Verhandlungen der Wohnungsfrage – und warum sie sich wie für wen stellt – kritisch in den Blick zu nehmen.
Wer sammelt den Müll auf am Montag in der Früh nach der Revolution, fragte die feministische Künstlerin Mierle Laderman Ukeles im Jahr 1969. Wir müssen fragen: Wer entsorgt den Müll nach acht Stunden in der Fabrik? Wer ist im Atelier, während gekocht wird? Aus der Perspektive des feministischen Marxismus auf reproduktive Arbeit werden Wohnungsgrundrisse von Bauhausbauten in Dessau und Gemeindebauten des Roten Wien untersucht. Der Vortrag verfolgt Grundrisse der Reproduktion und verbindet die Haushaltsfrage mit der Geschichte der Architekturmoderne und des Feminismus.
Eva Kuschinski lebt in Hamburg und arbeitet dort seit 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HafenCity Universität. Zuvor hat sie unter anderem in Frankfurt am Main Humangeographie und Soziologie studiert. Im Rahmen ihres Dissertationsprojekts denkt sie über materialistisch-feministische Perspektiven auf die Wohnungsfrage nach. Auch darüber hinaus ist sie interessiert an solchen Zugängen zu Stadt und Gesellschaft und deren Vermittlung. 2018 arbeitete sie beispielsweise mit dem feministischen Theaterkollektiv Swoosh Lieu an deren Stück „WhoReclaims?! – ein collagierter Streifzug durch die Raumfrage“, das utopische Momente und Praktiken feministischer Raumnahme portraitierte.
Elke Krasny, PhD, ist Professorin an der Akademie der bildenden Künste Wien. Sie forscht und kuratiert zu Fragen von Feminismen, Arbeit, Ökonomie, Ökologie und Erinnerungspolitiken in Architektur, Urbanismus, zeitgenössischer Kunst und Kunstvermittlung. Jüngste Vorträge: ‘Gathering Feminist Resisters. Assemblies, Dinners, Salons, and Tribunals’, Museo de Arte de Sao Paulo; Wandering Wombs and Arching Bodies. The Hysterical Complex in Feminist Political Thought’, University of California Los Angeles und ’Kuratieren im Salon. Intime Öffentlichkeiten‘ Schwules Museum Berlin. 2019 hat sie gemeinsam mit Angelika Fitz das Buch Critical Care. Architecture and Urbanism for a Broken Planet (MIT Press) herausgegeben.
Die Veranstaltung findet statt im Rahmen der Reihe “Feministische Wohngeschichte(n) für die Zukunft. Berlin, Bauhaus und darüber hinaus” (6.9.-18.10.2019).